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heft:das_monster_u.a._stories_-_terra

  Titel: Das Monster und andere Stories
Autor: Alfred Elton Van Vogt
Reihe:Terra Band 350
Originaltitelzusammenstellung
Übersetzer:
Titelbild: Karl Stephan
Verlag:Moewig, Rastatt 1964

Eigentlich wollten wir anläßlich des 350. TERRA-Bandes wieder in eigener Sache das Wort ergreifen, doch dann hielten wir es für besser, die von Herbert Bodenschatz verfaßte Abhandlung über DIE UTOPIE nicht zu unterbrechen. Sie lesen also heute weiter über den „Planetenroman“. Der Verfasser knüpft direkt an die im letzten TERRA-Band erschienene vierte Folge an, die sich hauptsächlich mit Jonathan Swifts Werken befaßt, und fährt fort:
Eine Utopie von ähnlich treffendem satirischem Geist lieferte Voltaires (1694 – 1778) MICROMEGAS. Hier macht sich ein Riese vom Sirius mit einem Sekretär vom Saturn über die lächerlichen, winzigen Erdbewohner lustig. Auch Voltaire benutzt diese Erzählung zu scharfen Seitenhieben auf die Gesellschaft des 18. Jahrhunderts.
Mit dem „Micromegas“ haben wir eine neue Form, der Utopie, nämlich den Planetenroman, wie er zur Zeit der Aufklärung in Mode kam. Der Schauplatz der Utopie wurde auf den Weltraum erweitert, der im Zeichen der aufkommenden naturwissenschaftlichen Denkweise immer mehr an Bedeutung gewann. Wenn im „Micromegas“ das Weltall in Form außerirdischer Besucher gewissermaßen auf die Erde projiziert wurde, gelangt in einem Vorläufer dieser Romangattung der irdische Held in den Weltraum. Der gascognische Edelmann Cyrano de Bergerac (1619 – 1655) berichtet in seiner HISTOIRE COMIQUE DES ETATS ET EMPIRES DE LA LUNE von seinen Abenteuern auf dem Mond. Hauptziel seiner Attacke ist wiederum der Mensch in seiner Eitelkeit, Überheblichkeit und dem ungerechtfertigten Stolz auf seine Einmaligkeit. So kann sich der Held der Geschichte der Verurteilung durch die Lunarier nur durch die Lüge entziehen, er sei lediglich ein Affe, der durch den Umgang mit den Menschen verdorben worden sei.
Aus der Flut der utopischen Schriften dieser Epoche will ich noch zwei erwähnen, von denen jede in ihrer Art bedeutsam ist.
Einen Vorläufer der Thesen Rousseaus und der Kulturverneinung bildet DIE INSEL FELSENBURG von Johann Gottfried Schnabel (1692 bis ca. 1750). Schiffbrüchige gründen auf einer Südseeinsel einen Musterstaat, in dem es keinen Konfessionsstreit, keine verschiedenen Stände, keinen Reichtum und keine Armut mehr gibt. Dieser patriarchalische Idealstaat aus dem Geist des Pietismus ist als politisches Gegenbild zum Staat des Absolutismus gedacht und verbindet Utopie und Robinsonade.
Der erste Zukunftsroman in der Geschichte der Utopie ist L’AN 2440 von Sebastian Mercier (um 1770). Mercier führt uns in das glückliche Frankreich des 25. Jahrhunderts, in dem technischwissenschaftliche Vollkommenheit, Vernunft und Toleranz herrschen.
Erst mit Anbruch des Industriezeitalters wird das Zukunftsbild zur charakteristischen Form der Utopie. Die sogenannten „voyages extraordinaires“ werden von kühneren Spekulationen abgelöst. Bevor ich die Entwicklung der utopischen Dichtung bis zur Gegenwart verfolge, will ich noch kurz auf die rein philosophische Behandlung der Utopie eingehen.
Bereits Kant (1724 – 1804) erörterte in seinem philosophischen Entwurf ZUM EWIGEN FRIEDEN die Grundzüge einer Friedensgesellschaft mit Abschaffung des Krieges und einer Schaffung von Völkerrecht und Föderalismus der Einzelstaaten.
Johann Gottlieb Fichte (1762 – 1814) legt in seiner Schrift DER GESCHLOSSENE HANDELSSTAAT dar, daß alle Staatsbürger nicht nur das Recht auf formale Freiheit und Schutz vor Gewalt haben, sondern auch auf Eigentum, Arbeitsgelegenheit und Teilnahme an den Erträgen der Staatswirtschaft.
Entscheidende Bedeutung gewannen im 19. Jahrhundert die Sozialutopisten Proudhon, Fourier und Saint-Simon.
In seiner Lehre vom Mutualismus vertritt Proudhon (1809 – 1865) die Ansicht, sobald überall an die Stelle des Bürgers der Arbeiter gesetzt sei und die beiden Despoten Geld und Zins abgeschafft seien, könnten sich freiwillig Gruppen bilden, die in Gerechtigkeit und Gegenseitigkeit in Harmonie miteinander leben würden. Bekannt ist sein Wort: „Eigentum ist Diebstahl.“
Claude Saint-Simon (1760 – 1825), Schüler des Enzyklopädisten d’Alembert, erstrebte einen internationalen Staatssozialismus mit Hilfe religiöser Reformen. Ein neues Christentum der werktätigen Bruderliebe ohne Priester und Dogmen sollte die Arbeiterfrage lösen.
 
Mehr über die „Sozialutopien“ berichtet Herbert Bodenschatz im TERRA-Band 351 an dieser Stelle. Bis dahin herzliche Grüße!
 
Die SF-Redaktion
des Moewig-Verlages
Günther M. Schelwokat

INHALTSVERZEICHNIS:
Die schlafende Bombe (DORMANT)
Rebellion im Sternenschiff (THE EXPENDABLES)
Die Herren der Welt (THE RULERS)
Das Monster (RESURRECTION)

heft/das_monster_u.a._stories_-_terra.txt · Zuletzt geändert: 2018/09/15 19:31 von Steffen Glavanitz