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heft:nidor_erwacht_-_terra

  Titel: Nidor erwacht
Autor:Robert Randall
Reihe:Terra Band 359
Originaltitel: The dawning light (1957)
Übersetzer:Horst Mayer
Titelbild: Karl Stephan
Verlag:Moewig, Rastatt 1964

Vorwort
 
Nach Jahrhunderten unablässiger Suche fanden die Bewohner der Erde endlich den Planeten, den sie brauchten. Die Menschheit hatte die Krisen der Entwicklung überwunden und sich der Reife genähert. Reife bedeutet aber auch Weisheit, und eben diese Weisheit ließ die Menschen die Notwendigkeit eines Partners erkennen. Diese Partnerrasse mußte den Menschen ähneln und doch neue Impulse bringen. Auf dem Planeten Nidor fanden die Menschen eine solche Rasse.
Nidor kreiste um eine riesige blauweiße Sonne der B-Klasse, die die irdische Sonne wie einen Zwerg erscheinen ließ. Der Abstand des Planeten von seiner Sonne war so groß, daß Nidor dreitausend Jahre für einen einzigen Orbit benötigte. Trotz der großen Entfernung von der Sonne hatte Nidor ein warmes Klima mit einer Durchschnittstemperatur von 40° Celsius.
Es gab verhältnismäßig wenig Festland; die flache See bedeckte mehr als fünfundachtzig Prozent der Planetenoberfläche. Diese gewaltige Wasseroberfläche gab ständig Feuchtigkeit an die Luft ab, so daß der Himmel stets dicht bewölkt war. Das Schwerefeld eines Mondes brachte einen gleichmäßigen Wechsel von Ebbe und Flut.
Es gab geologische Beweise für eine viertausend Jahre früher stattgefundene Katastrophe, bei der ganze Kontinente vom Wasser überflutet worden waren. Es gab Legenden, die von dem Unglück berichteten und die die Religion der Bewohner von Nidor beeinflußten.
Auf Nidor hatten sich schon lange vor der Katastrophe Menschen entwickelt. Zwischen den Bewohnern von Nidor und den Erdmenschen gab es nur einen einzigen auffälligen Unterschied: eine gleichmäßige Körperbehaarung, weißblond bis hellbraun.
Nur die auf dem Kontinent Nidor lebende Gruppe hatte die Katastrophe überlebt und neu angefangen. Die Nachkommen dieser Gruppe lebten auf dem verbliebenen Kontinent und den angrenzenden Inseln und betrachteten die übrige Welt als das Reich der Seedämonen.
Die Geschichte der Nidorianer reichte nur bis zum Neuanfang zurück und verherrlichte Bel-rogas Yorgen, der sechzehn Stämme vor dem Untergang gerettet und ihnen danach eine einheitliche Regierung, eine Religion und die Heiligen Schriften gegeben hatte.
Das politische System war eine Theokratie, eine Regierung der Alten. Sechzehn Priester bildeten einen Rat. Sie waren jeweils die Ältesten der sechzehn Stämme. Die Entscheidungen dieses Rates waren für alle bindend. Es gab niemals Schwierigkeiten, denn der Rat war nicht diktatorisch und stützte seine Entscheidungen auf Präzedenzfälle und die alten Schriften. Die Stämme richteten sich nach den überlieferten Vorschriften, beachteten die alten Gesetze und Verbote und bildeten so eine friedliche Gemeinschaft. Die Religion war nichts weiter als die Anbetung der stets von Wolken verschleierten Sonne.
Das Jahr der Nidorianer konnte wegen der langen Umlaufzeit um die Sonne nicht danach bemessen werden. Eine Rotation des Planeten dauerte vierundzwanzig Stunden und einige Minuten. Sechzehn Umdrehungen bedeuteten eine Periode, sechzehn Perioden ein Jahr und sechzehn Jahre einen Zyklus. Nach dem Kalender der Nidorianer waren die Erdenmenschen am ersten Tage des ersten Jahres des zweihundertvierzigsten Zyklus nach der Katastrophe gelandet.
Sie waren mit einem silberglänzenden Raumschiff scheinbar aus der Sonne gekommen und in kurzer Entfernung von der Hauptstadt, der heiligen Stadt Gelusar, gelandet. Sie hatten sich als Sendboten des Großen Lichtes bezeichnet und den Bau einer Schule angekündigt. Die Bel-rogas-Schule sollte an der Stelle der Landung gebaut werden und den Studenten göttliches Wissen vermitteln. Nur die besten Studenten wurden aufgenommen. Sie mußten außerordentlich gesund und sehr intelligent sein. Der Rat der Alten war begeistert und gab seine Einwilligung.
Schon zwei Zyklen nach der Einweihung brachte die Schule den ersten großen Mann hervor, Kiv peGanz Brajjyd. Schon während des Studiums hatte er sich verdient gemacht, denn er hatte einen Weg zur Vernichtung eines gefährlichen Pflanzenschädlings gefunden. Er hatte das Verhalten der Schädlinge studiert und ein Mittel entwickelt, mit dem sie schon als Brut vernichtet werden konnten. Die nachfolgenden guten Ernten hatten zu Schwierigkeiten geführt, doch die Dinge pendelten sich dann wieder ein.
Alles ging seinen Weg. Kiv wurde Priester und schickte zwei Zyklen später seine Tochter Sindi in die gleiche Schule. Sindi hatte viel von ihrem Vater, aber ihre Ambitionen galten mehr der sozialen Entwicklung und nicht so sehr der theoretischen Wissenschaft. Sie verliebte sich in einen Brajjyd und sorgte für die Abschaffung uralter Verbote, denn Angehörige des gleichen Klans hatten bis dahin nicht heiraten dürfen.
In der Familie gab es noch einen Neuerer, Norvis peRahn Brajjyd. Er war Sindis Sohn und Kivs Enkel. Er studierte Biochemie und wurde der beste Schüler eines sehr alten Lehrers von der Erde. Er entdeckte ein Hormon, mit dem die Ernte der Peychbohne, das Hauptnahrungsmittel der Nidorianer verdoppelt werden konnte. Er träumte von Ruhm und Ehre, doch seine Träume wurden jäh zunichte gemacht, denn ein Erdmann namens Smith stahl die Unterlagen und gab sie einem anderen. Norvis bezeichnete den Sendboten des Großen Lichts als Lügner und Dieb und wurde wegen dieser Lästerung von der Schule gewiesen.
Er wurde fast gesteinigt, denn seine Anklagen bedeuteten eine unerhörte Lästerung. Er konnte jedoch aus Gelusar fliehen und seinen Namen wechseln. Von nun an hieß er Norvis peKrin Dmorno. Da keiner mehr etwas von Norvis peRahn hörte, hielt man ihn bald für tot.
Das Hormon wurde nur an die Ältesten ausgegeben, die ihre Ernten verdoppelten und damit die kleineren Farmer in wirtschaftliche Schwierigkeiten brachten. Norvis war keinesfalls damit einverstanden und verbündete sich mit einem Kapitän namens Del peFenn Vyless. Er produzierte das Hormon in einem geheimen Laboratorium und ließ es an alle Farmer verteilen.
Das Resultat war katastrophal. Es kam zu einer Überproduktion und dadurch zu einem wirtschaftlichen Zusammenbruch. Der Boden war bald ausgelaugt, was in den folgenden Jahren zu Mißernten und Hunger führte.
Norvis und Kapitän Del blieben jedoch nicht untätig. Sie bildeten die Partei der Kaufleute und setzten sich selber an die Spitze, Del als Führer, Norvis als Sekretär. Sie setzten den Rat unter Druck und erzwangen drastische Reformen, durch die das wirtschaftliche Gleichgewicht auf Nidor wiederhergestellt werden konnte.
Die Nidorianer, seit jeher an Ruhe und Ordnung gewöhnt, sahen ihre Probleme gelöst und fielen von der Partei ab. Norvis suchte nach anderen Gelegenheiten und fand sie. Sein Haß auf die Erdenmenschen, besonders auf Smith, trieb ihn unablässig voran. Er wollte die Eindringlinge vertreiben und scheute dabei vor nichts zurück.

heft/nidor_erwacht_-_terra.txt · Zuletzt geändert: 2018/09/15 19:27 von Steffen Glavanitz