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heft:wolfsnacht

Titel: Wolfsnacht
Autor: Robert Lamont
Originaltitel
Reihe:Professor Zamorra Band 17
Titelbild:
Verlag Bastei, Bergisch Gladbach 1975

Mitternacht! Fast drohend stand der Mond über dem See und tauchte die Landschaft in ein fahles Licht. Ein einzelnes Fischerboot tuckerte von Malcesine aus auf die Mitte das Gardasees zu. Die Gastalt des Mannes auf der Hügelkuppe, etwa zweihundert Meter über dem See, hob sich scharf gegen die bleiche Scheibe des Mondes ab. Der Mann rührte sich nicht Aufrecht stand er da, den Kopf hochgereckt, und starrte wie in Trance zum Himmel. Sein Gesicht war fast schneeweiß. Er hatte den Mund halb geöffnet. seine Zähne glitzerten wie Raubtierfänge. Die weit aufgerissenen Augen hatten einen beschwörenden, ja fanatischen Ausdruck.Plötzlich kam Bewegung in die Gestalt. Es war, als würde eine riesige unsichtbare Faust den Mann zu Boden zwingen wollen. Seine Wirbelsäule krümmte sich wie unter einer ungeheuer schweren Last. Dem weit aufgerissenen Mund entrang sich ein Keuchen, das Ausdruck der Wollust zu sein schien. Es klang so erleichtert und glücklich, als hätte der Mann auf das Wirken der unsichtbaren Macht gewartet. Immer tiefer sackte sein Kopf nach vorne. Die Beine knickten ein. Er sank auf die Knie. Seine Statur wurde sichtbar kleiner, gedrungener. Auch der Kopf des Mannes veränderte seine Gastalt und Form. Er flachte an der Stirn ab und wurde länglich. Die Lippen gingen in speicheltriefende Lefzen über. Der Ausdruck der vorher fast glanzlosen Augen wurde stechend. Graue Haare sprießten plötzlich in dem nun schon kaum mehr als menschlich zu bezeichnenden Gesicht. Buschige Augenbrauen wucherten. Die Nasenlöcher vergrößerten sich und schienen eine unbekannte Witterung aufzunehmen.

heft/wolfsnacht.txt · Zuletzt geändert: 2018/01/21 10:46 von Steffen Glavanitz