Titel:Die Methode des Dr. Quin
Autor: Janusz A. Zajdel
Originaltitel: Metoda doktora Quina (1969)
Übersetzer:Hubert Schumann
Titelbild:Stephan Rosenthal
Verlag: Neues Leben, Berlin 1989
Erste Seite
Langsam erstarb das Dröhnen der Triebwerke, das Tragflächenboot sank
schwer auf die wogende Fläche des Ozeans. Von der ansteigenden Flut
gehoben, begann es sich zu wiegen. Sato manövrierte es so, daß es mit dem
Bug zum Ufer stand.
„Das reicht, Sato!„ sagte ich, als der flache Bootskörper über Sand
scheuerte.
Ich zog die Schuhe aus, krempelte die Hosenbeine hoch und kletterte aus
der Kabine. Mit einigen Sätzen war ich über Bord.
Ich wandte mich um. Sato winkte mir zu und ließ die Schraube an. Rück-
wärts kroch das Tragflächenboot von der Sandbank, dann kehrte es lang-
sam den Bug zum offenen Meer. Es machte einen Satz nach vorn und schoß,
kaum das Wasser berührend, mit zunehmender Geschwindigkeit davon.
Es war komisch: Ich fühlte mich einsam… Ausgerechnet hier auf diesem
ablegenen, aber keineswegs menschenleeren Eiland im südlichen Pazifik.
Nach vielen im Raumschiff verbrachten Jahren war alles andere hier an-
gebracht, nur nicht das Gefühl der Einsamkeit… Auf dem Triton waren wir
achtzehn gewesen - am Anfang. Nachher noch elf… Aber unsere Einsam-
keit damals war eine andere als die meine jetzt. Dort in der endlosen Leere
waren wir verlorene Atome denkender Substanz, entfremdete Individuen,
eine zu kleine Zahl, um unter statistische Gesetze zu fallen. Jeder bedeutete
etwas, jeder hatte seinen Platz… Hier jedoch, untergetaucht in einem Ge-
wühl von Milliarden, waren wir unscheinbar, unbeholfen… Mehrere Jahr-
zehnte der Abwesenheit hatten uns in der Entwicklung zurückgeworfen, wir
konnten nicht mehr Schritt halten… In den ersten Tagen waren wir eine
Sensation von eher durchschnittlichem Ausmaß gewesen: Seht doch, da ist
wieder eine der alten interstellaren Expeditionen zur Erde zurückgekehrt.
Nicht die erste, nicht die letzte. Eine von vielen.
Ich stand auf und klopfte mir die weißen Sandkörnchen vom Anzug. An die
zwanzig Meter vom Wasser entfernt begann der Dschungel. Ich ging daran
entlang, bis ich einen kaum erkennbaren Pfad ausmachte, der durch das
Dickicht führte. Nachdem ich ihn eingeschlagen hatte, mußte ich immer
wieder Äste zur Seite biegen, die mir ins Gesicht schlugen.
Das Buschwerk lichtete sich plötzlich und ging in einen reichlich verwahr-
losten Garten über, der dennoch Spuren einer Bearbeitung aufwies. Aus
seiner Tiefe schien, von den schräg einfallenden Sonnenstrahlen beleuchtet,
die Wand eines einstöckigen Gebäudes, das in einem seltsam archaischen
Stil erbaut worden war: die Miniatur eines Palastes aus der Zeit Ende des
zweiten Jahrtausends. In der Mitte der Vorderfront prangte ein Schmuck-
portal mit einer großen Flügeltür. Solche Häuser trifft man kaum noch an.
Dieses machte auf mich allerdings den Eindruck, als sei es erst vor kurzem
erbaut worden.